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Faust 1 & 2
von Johann Wolfgang von Goethe
Regie: Jan-Christoph Gockel
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Premiere: 19. September 2024


»Oh Faust! – Theologie, Juristerei, Medizin und leider auch Philosophie studiert habendes Urbild des Bürgers, dessen Liebe Zerstörung ist und der gebrochene Seelen braucht, um seinen Kanal zu bauen!« – So Anton Kuh im prägnanten Versuch, ein Werk zusammenzufassen, über dessen Unabschließbarkeit seinerseits der Dichter befand: Der Faust II solle erst nach seinem Tode veröffentlicht werden, damit er zukünftig »Menschen fort und fort ergötze und ihnen zu schaffen mache.« Höher, schneller, weiter – in Begleitung des Teufels brettert Faust durch die kleine und große Welt.

Regisseur Jan-Christoph Gockel setzt Goethes »Monster«-Drama auf die Schienen einer Geisterbahn und nimmt besonders den zweiten Teil in den Fokus - und mit ihm das Hellsichtige, das Heutige des Stücks: Ausbeutung und Zerstörung von Mensch und Natur. »Das kann mich nicht zufriedenstellen«, klagt Faust irgendwann auf einem weiteren Gipfel des Zugewinns an Macht und Reichtum, während selbst Mephisto die Ahnung beschleicht, dass die Zeit der mittelalterlichen Teufelspakte ans Ende gelangt und dass der neue Faust vor allem eins ist: homo oeconomicus, »ein Mensch, der in der Fülle das Fehlen verspürt, im Mangel die Bedingung seines Wünschens erfährt und die Kunst des Verfehlens beherrscht: nämlich im unendlichen Streben endliche Güter zu wollen.« (Joseph Vogl)

Regie Jan-Christoph Gockel Bühne Julia Kurzweg Kostüme Janina Brinkmann Musik Matthias Grübel Video Eike Zuleeg Puppenbau Michael Pietsch Dramaturgie Claus Philipp, Katrin Spira
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Alle Zeit der Welt
Text und Regie: Wilke Weermann
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Uraufführung
Premiere: 20. September 2024, Kammerspiele


Das Rätsel der Zeit beschäftigt uns Menschen, seitdem wir nachdenken können. Ist Zeit eine Illusion? Ein Trick der Natur, der verhindert, dass alles gleichzeitig passiert? Oder einfach die Abfolge unzähliger Entscheidungen, Eindrücke und (meist profaner) Handlungen, aus denen unser Leben besteht? Unsere große Sehnsucht wäre, die Zeit gänzlich zu beherrschen. Als Zeitreisende könnten wir Fehler revidieren, Glücksmomente wiederholen und zuletzt dem Tod von der Schippe springen. Dann wären Momente keine Momente mehr, Erinnerungen wären Zukunft und Folgen Ursachen. Wären unsere Gehirne in der Lage, die daraus entstehenden Paradoxien überhaupt zu ergreifen? Wenn morgen gestern wäre, könnten wir allerdings in der Vergangenheit auch einfach mal schönen Urlaub machen. Es gibt keine Überraschungen mehr. Und das wäre vielleicht gar nicht so übel.

Wilke Weermanns Theaterarbeiten verbinden spielerisch-philosophische Fragen unserer Gegenwart mit Science-Fiction, Horror und Thriller. Sein neues Stück führt uns in eine Zukunft, in der Zeitreisen möglich sind, und zugleich einen Punkt in der jüngeren Vergangenheit, an dem viele das Ende der Zeit befürchteten: Es ist der 31.12.1999, nachts. Im Aufenthaltsraum der Pension Schwartz flackert plötzlich ein bläuliches Licht. Eine Gestalt materialisiert sich…

Regie  Wilke Weermann Bühne & Kostüme Johanna Stenzel Musik  Constantin John Dramaturgie Alexander Leiffheidt

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Szenen einer Ehe
von Ingmar Bergman
aus dem Schwedischen von Hans-Joachim Maas
Regie: Sebastian Schug
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Premiere: 22. September 2024


Im Jahr 1973 kreierte der schwedische Filmemacher Ingmar Bergman mit »Szenen einer Ehe« ein Drama um eine Frau und einen Mann, deren Ehe nach zehn Jahren zerbricht: Marianne und Johan erscheinen als ein bürgerliches Muster-Paar – beruflich erfolgreich, zwei Kinder, offen in ihre Kommunikation miteinander. Tatsächlich aber hat Johan sich in eine seiner Studentinnen verliebt und plant, Marianne zu verlassen. Diese verliert, bei dieser Ankündigung, zunächst den Boden unter den Füßen. Als Johan dann tatsächlich geht, spürt sie plötzlich eine neue Freiheit, die sie in vollen Zügen genießt. Wie kann es sein, dass die beiden, wie durch unsichtbare Bande miteinander verbunden, dennoch nicht voneinander loskommen?

Schonungslos zeichnet Bergman die psychologischen Mechanismen der Beziehung nach, mit ihren auseinanderklaffenden Bedürfnissen nach Nähe und Distanz, bis sich die unter der Oberfläche schwelenden Konflikte offenbaren. Alltägliche Situationen kippen plötzlich in Endlossprüngen der Eskalation und setzen eine Kraft und Zerstörung frei, die toxische Geschlechterrollen und Strukturen der Unterdrückung offenlegt. Regisseur Sebastian Schug inszeniert Bergmans Klassiker in einer intensiven Fassung für zwei Personen, die der Frage nach dem Verständnis von Liebe im 21. Jahrhundert nachfühlt.

Regie Sebastian Schug Bühne Jan Freese Kostüme Nicole Zielke Musik Thorsten Drücker Dramaturgie  Lukas Schmelmer
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OKT
Nach(t)gespräch
Die Dialogreihe im Kammerfoyer
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»Verweile doch! Du bist so schön!« schreibt Goethe als Steilvorlage für unser Begegnungsformat, in dem zu ausgesuchten Inszenierungen Ensemble, Publikum und Expert:innen aus unterschiedlichen Disziplinen miteinander ins Gespräch kommen können, um die in der Inszenierung aufgeworfenen Themen diskursiv zu beleuchten. Foyer Kammerspiele
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Der große Gatsby
nach F. Scott Fitzgerald
aus dem Amerikaner von Bettina Abarbanell
für die Bühne bearbeitet von Iga Ganczarczyk
Regie: Ewelina Marciniak
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Premiere: 25. Oktober 2024


Der meisterhafte Roman über eine unmögliche Liebe dokumentiert die Zeit, in der Weg vom Tellerwäscher zum Millionär am kürzesten war – das New York der 1920er Jahre bot dafür reichlich Gelegenheit. Jay Gatsby, ein Mann undurchsichtiger Herkunft, hat sich an die Spitze der wohlhabenden Gesellschaft hochgearbeitet. Nun versucht er sich seiner verflossenen Jugendliebe Daisy Buchanan zu nähern, die mittlerweile innerhalb ihrer Klasse geheiratet hat und ein mondänes Leben führt. Während Gatsby versuchte, Daisy mit seiner märchenhaften Darstellung seines Reichtums zu beeindrucken, beobachtete sein bescheidener Nachbar Nick Carraway das frivole Treiben der Upper Class als Chronist der Ereignisse und Mitwisser mancher Geheimnisse. Die Rücksichtslosigkeit und Egozentrik der Gesellschaft fallen die Schwächsten zum Opfer, und auch die Sehnsucht nach tieferer Verbundenheit entpuppt sich als Illusion ohne reales Fundament.
Nach »Das Tove-Projekt« nimmt sich die polnische Regisseurin Ewelina Marciniak wieder eines Romans an, den sie mit ihrem Team in eine Bearbeitung auf die neue Bühne bringt. Die Inszenierung beleuchtet auch die Rückseite der glitzernden Fassade und sucht nach einer Stimme für diejenigen, die im Schatten der Dekadenz existieren.

Regie Ewelina Marciniak Bühne Grzegorz Layer, Ewelina Marciniak Kostüme  Julia Kornacka Musik  Wacław Zimpel Choreografie  Agnieszka Kryst Dramaturgie Iga Ganczarczyk, Eivind Haugland Licht  Aleksandr Prowaliński
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NOV
Zeit für Zeug:innen
Junges Schauspiel Frankfurt
in Kooperation mit dem Historischen Museum Frankfurt
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Uraufführung
Premiere: 23. November 2024, Historisches Museum Frankfurt


Wer berichtet von früher und warum? Was wird erzählt und worüber wird geschwungen? Was gehört dazu und mit welchen Erwartungen? Zeitzeugnisse von Überlebenden des Holocaust gelten als Garanten eines lebendigen Geschichtsbewusstseins. Ausgehend von der Ausstellung »Ende der Zeitzeugenschaft?« richtet die partizipative Ausstellung »Zeitzeugenschaft. Ein Erinnerungslabor« im Historischen Museum Frankfurt den Blick auf Familiengeschichten, Diktaturerfahrungen, Bildungswege, politische Kämpfe, Migration oder den Umgang mit Krisen – und lädt das Junge Schauspiel darin zum künstlerischen Forschen ein. In einer vielstimmigen Performance zeigt ein vielfältiges Ensemble, warum die Erzählungen von Zeitzeugen für uns heute relevant sind und Lebensgeschichten weiterzählt werden sollen.

Konzept & Regie Martina Droste


Im Rahmen des Gesamtprojekts »Gallus-Geschichten«

Arbeit und Heimat stehen in der jüngeren Geschichte Deutschlands in einem engen und schwierigen Verhältnis zueinander. Im Nationalsozialismus stellt die rassistische Unterschichtung von Zwangsarbeiter:innen und die Ideologie der »deutschen Arbeit« ein oft tödliches System der Ausbeutung dar. Wie wirken Teile dieses ideologischen Musters bis heute fort?
Wie blicken Nachkommen ehemaliger NS-Zwangsarbeiter:innen auf Möglichkeiten der »Beheimatung« in Deutschland, wie ehemalige »Gastarbeiter:innen«, wie ihre Kinder- und Enkelgeneration und wie Menschen auf der Suche nach Schutz und Arbeit? Wie setzen sich Ausschlüsse und Abwertungen fort?
Was kann, was muss (neu oder wieder) erzählt werden? Wie können wir fragen, wie Worte und Bilder finden, wie lebensgeschichtliche Brüche, aber auch Erfolgsgeschichten sicht- und hörbar machen? Frankfurt ist stolz auf seine »gelebte Diversität« - Wunschbild oder Wirklichkeit?

»Gallus-Geschichten« geht in drei miteinander verwobenen Projekten diesen Fragen nach – und zwar spezifisch im Frankfurter Stadtteil Gallus mit seinen Initiativen zur Aufarbeitung von NS-Verbrechen und Zwangsarbeit, seiner Geschichte von Arbeitskämpfen, Marginalisierung und migrantischer Selbstorganisation. Wir vernetzen uns mit Zeitzeugen:innen und Institutionen vor Ort und suchen verbindendes in separaten Erzählungen von Sehnsüchten und Perspektiven in verschiedenen Generationen. Ausdrucksformen zu finden in Performances, künstlerischen Aktionen und Theaterstücken in Stadtteil-Institutionen, im Stadtraum und im Schauspiel Frankfurt, sichtbar und hörbar zu sein und darum wird es gehen.

Gesamtkonzept  Martina Droste

Das Gesamtprojekt wird im Rahmen der Bildungsagenda NS-Unrecht von der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ) und dem Bundesministerium der Finanzen (BMF) gefördert.



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Wer hat meinen Vater umgebracht
nach Édouard Louis
aus dem Französischen von Hinrich Schmidt-Henkel
Regie: Lisa Nielebock
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Premiere: 15. November 2024


Die autofiktionalen Romane und Erzählungen von Édouard Louis schildern mit großer Intensität, wie Armut, Enge, Ausgrenzung, Homophobie und patriarchale Geschlechterrollen in bestimmten sozialen Schichten, die zu immer neuen Spiralen der Ausweglosigkeit und Gewalt führen. Dabei gelingt es Louis das Kunststück, die Verstricktheit der Opfer und Täter und ihr Ausgeliefertsein an gesellschaftliche Machtstrukturen zu beleuchten, ohne dabei jemals in eine Unschärfe der Unterscheidung verschiedener Formen des Leidens zu geraten. Auch der Täter ist Opfer – Handelt er aus Hilflosigkeit, Wut oder gesellschaftlich produzierter Autoaggression? – nichtsdestoweniger bleibt er Täter. Und das Opfer bleibt Opfer – selbst dann, wenn es die Täter versteht, wenn es gar in erzwungener Komplizenschaft mit ihnen kooperiert.

In seinem Roman „Wer hat meinen Vater umgebracht“ schildert Louis das hochgradig ambivalente Verhältnis zu seinem Vater, der den homosexuellen Sohn ablehnt, sich für ihn schämt, ihn ausliefert und misshandelt und der sein Kind dennoch liebt. Er schildert sein eigenes Erwachsenwerden als Geschichte eines Sohnes, der den Vater abstreifen muss, um leben zu können, und sich doch nichts mehr wünscht, als von ihm gesehen zu werden. Eine Geschichte der Zärtlichkeit und Gewalt, des Selbsthasses und der Anklage, die Lisa Nielebock als intensives und sensibles Kammerspiel zeigt.

Regie Lisa Nielebock  Bühne Oliver Helf Kostüme Sofia Dorazio Brockhausen Musik  Thomas Osterhoff Dramaturgie  Alexander Leiffheidt
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Ronja Räubertochter
Familienstück ab 6 Jahren
nach Astrid Lindgren
Regie: Rüdiger Pape
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Premiere: 24. November 2024


In einer schicksalhaften Gewitternacht bringt Lovis ihre Räubertochter Ronja zur Welt. Doch jene Nacht ist es auch, in der die altehrwürdige Mattisburg, die seit eh und je Unterschlupf der Räuberbande ist, von einem gewaltigen Blitzschlag entzwei gespalten wird. Der furchterregende Höllenschlund tut sich seitdem zwischen den beiden Burghälften auf. Die Jahre vergehen schnell, Mattis und seine Räuber haben es sich in einer der Burghälften gemütlich gemacht und bald zieht es Ronja hinaus aus den steinernen Hallen. Druden, Rumpelwichte und Graugnome – auf ihren Streifzügen durch den Wald müssen sie so manchen Gefahren trotzen.

Doch das eigentliche Abenteuer beginnt erst, als sie auf Birk trifft, den Sohn der feindlichen Borka-Bande. Dreist und ungefragt haben sich die Borka-Räuber in die leerstehende Burghälfte einquartiert. Ärger ist da natürlich vorprogrammiert. Doch während die Erwachsenen drohen, sich gegenseitig die Köpfe einzuschlagen, bildet sich zwischen Ronja und Birk eine unwahrscheinliche Komplizenschaft. Da beide Kinder das Räuberleben der Erwachsenen ablehnen, ziehen sie gemeinsam in den Wald, wo sie sich von nun an auf ihren eigenen Faust durchschlagen wollen.
Astrid Lindgrens Klassiker ist eine packende Abenteuergeschichte über Freundschaft, Mut und gegenseitigem Respekt. Regisseur Rüdiger Pape kehrt damit nach seiner Inszenierung von »Tintenherz« ans Schauspiel Frankfurt zurück.

Regie  Rüdiger Pape Bühne  Flavia Schwedler Kostüme  Thomas Rump Musik  Sebastian Herzfeld Dramaturgie Lukas Schmelmer
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DEZ
Projekte, Neue Dramatik, Performance
Box
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Die BOX am Schauspiel Frankfurt ist ein Ort für Experimente, ungewöhnliche Begegnungen und neue Erfahrungen. So nah wie hier kommen Sie den Spieler:innen des Ensembles sonst nie. Hier werden Regiedebüts gefeiert, neue Formate erprobt und andere Wege eingeschlagen. 
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Leaks. Von Mölln bis Hanau 
Text und Regie: Nuran David Calis
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Uraufführung
Premiere: 14. Dezember 2024

Der rassistische Terror in Deutschland seit dem tödlichen Brandanschlag in Mölln 1992 bis hin zu den Morden in Hanau 2019 enthüllt das Systemversagen einer instabilen Sicherheits-Architektur, die nicht alle Bürger:innen ihrer Gesellschaft mit gleicher Sorgfalt schützt. Durch die Collage aus Interviews, Zeugenberichten, journalistischer Recherche und Material aus Ausschüssen und Prozessen zu rassistischen Straftaten zeigt Nuran David Calis die strukturellen Ähnlichkeiten des Behördenversagens, der aktiven Verschleierung dessen und die Kollision des Verfassungsschutzes mit der rechten Szene in den letzten 30 Jahren auf. Die Stigmatisierung der Opfer rassistischer Verbrechen durch die Polizei und die Sicherheitsbehörden stellt in der Verbindung der Taten einen weiteren gemeinsamen Nenner dar.
Im Gewand einer bunten, satirischen Enthüllungsshow entblößt Calis' neue Arbeit für das Schauspiel Frankfurt Strukturen, Täter, Komplizen und Mitwisser durch Re-Enactments, investigative Attacken, Verfremdung und bitterbösen Humor – im Einsatz für solidarisches Empowerment gegen Rechts und die Ermächtigung marginalisierter Stimmen. Mit den Mitteln des dokumentarischen Theaters schafft Autor und Regisseur Nuran David Calis in seinen Recherchetheaterarbeiten einen politischen Raum, in dem Mainstream-Narrative aufgebrochen und neue Perspektiven eingenommen werden.

Regie Nuran David Calis Bühne  Anne Ehrlich Kostüme Anna Sünkel Musik Vivan Bhatti Video & Recherche Karnik Gregorian Dramaturgie  Eivind Haugland
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JAN
Liedschatten
Musik aus der Kammer mit dem Ensemble
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Ensemble, Band und Special Guests setzen das erfolgreiche Musikformat mit schrägen Story- und Hooklines fort. Im »Liedschatten« mischen sich weiterhin Pop mit Chanson, Experimentelles mit Punk, Trash mit Romantischem. Kammerspiele
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Wir haben es nicht gut gemacht
nach dem Briefwechsel von Ingeborg Bachmann und Max Frisch
Regie: Susanne Frieling
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Uraufführung
Premiere: 17. Januar 2025


Liebe und Verletzung, Nähe und sich gegenseitig auf Distanz halten, Bewunderung und Abstoßung – all dies steckt in der Liebesbeziehung eines der berühmtesten Paare der deutschsprachigen Literatur. Ingeborg Bachmann ist eine gefeierte Lyrikerin, Star der Gruppe 47. Das legendäre Spiegel-Cover von 1954 hat sie ikonisch werden lassen. Max Frisch, ebenfalls erfolgreicher Autor, ist mit der Inszenierung seines Stückes »Biedermann und die Brandstifter« beschäftigt, als beide sich erstmals begegnen. Es ist das Frühjahr 1958. Frisch schreibt der jungen Autorin, wie begeistert er von ihrem Hörspiel »Der gute Gott von Manhattan« ist, Bachmanns Antwort darauf vom Juni desselben Jahres ist der Beginn eines Briefwechsels, der von eben diesem Kennenlernen bis etliche Jahre über die Trennung hinaus andauert. Die Briefe zeigen die Verschränkung von Leben und Werk, sie sind zugleich literarisch und intim, spannend und spannungsvoll, liebend und verletzend, sich zeigend und den Blick verweigernd.

Die junge Regisseurin Susanne Frieling wird den Briefwechsel zur Uraufführung bringen und die Liebesgeschichte, die sich in diesen Briefen auch selbst geschrieben hat, auf die Bühne holen.

Regie Susanne Frieling Bühne Devin McDonough Kostüme Anna Sünkel Musik & Video Max Windisch-Spoerk Dramaturgie Katrin Spira
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Ein Blick von der Brücke
von Arthur Miller
Regie: Eric de Vroedt
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Premiere: 18. Januar 2025


Eddie Carbone ist ein guter Mann. So gut, wie ein Mann in einem harten, gleichförmigen Leben sein kann. Er arbeitet im Hafen, wenn es was zu arbeiten gibt. Er bringt seinen Lohn nach Hause, und er lebt. Dabei sorgt er für Beatrice, seine Frau, und für Catherine, seine siebzehnjährige Nichte, deren Eltern gestorben sind. Dann kommen Marco und Rodolfo ins Land. Illegale Einwanderer, beide Cousins von Beatrice. Ehrensache, dass Eddie sie vor der Einwanderungsbehörde versteckt hat. Aber Catherine, die Eddie wie eine Tochter liebt – oder doch etwas mehr als nur eine Tochter? – Catherine verliebte sich in Rodolfo. Sie werden ein Paar. Und Eddie schlägt um sich, küsst Catherine, küsst Rodolfo, denunziert die Familie, verliert die Kontrolle. Alles Verliert. War er ein guter Mann?

Regie Eric de Vroedt Bühne  Dennis Vanderbroeck Musik Remco de Jong, Florentijn Boddendijk Dramaturgie Alexander Leiffheidt Licht  Bernie van Velzen
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FEB
Aus freien Stücken?
Junges Schauspiel Frankfurt
in Kooperation mit dem Geschichtsort Adlerwerke,
Vereinen und Aktiven im Gallus 
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Februar bis Juni 2025, diverse Orte im Gallus

Im Stadtteil Gallus setzt sich das Junge Schauspiel mit Geschichts- und Kulturvereinen sowie migrantischen Selbstorganisationen in Verbindung. Welche Erfahrungen, Perspektiven und Utopien stecken in diesem Engagement? Gemeinsam mit Künstler:innen entstehen aus dieser Vernetzung theatrale Interventionen, Social Media-Beiträge und Performances im Stadtraum.


Im Rahmen des Gesamtprojekts  »Gallus-Geschichten«

Arbeit und Heimat stehen in der jüngeren Geschichte Deutschlands in einem engen und schwierigen Verhältnis zueinander. Im Nationalsozialismus stellten die rassistische Unterschichtung von Zwangsarbeiter:innen und die Ideologie der »deutschen Arbeit« ein oft tödliches System der Ausbeutung dar.
Wie wirken Teile dieser ideologischen Muster bis heute fort? Wie blicken Nachkommen ehemaliger NS-Zwangsarbeiter:innen auf Möglichkeiten der »Beheimatung« in Deutschland, wie ehemalige »Gastarbeiter:innen«, wie ihre Kinder- und Enkelgeneration und wie Menschen auf der Suche nach Schutz und Arbeit? Wie setzen sich Ausschlüsse und Abwertungen fort? Was kann, was muss (neu oder wieder) erzählt werden? Wie können wir fragen, wie Worte und Bilder finden, wie lebensgeschichtliche Brüche, aber auch Erfolgsgeschichten sicht- und hörbar machen? Frankfurt ist stolz auf seine »gelebte Diversität« - Wunschbild oder Wirklichkeit?

»Gallus-Geschichten« geht in drei miteinander verwobenen Projekten diesen Fragen nach – und zwar spezifisch im Frankfurter Stadtteil Gallus mit seinen Initiativen zur Aufarbeitung von NS-Verbrechen und Zwangsarbeit, seiner Geschichte von Arbeitskämpfen, Marginalisierung und migrantischer Selbstorganisation. Wir vernetzen uns mit Zeitzeug:innen und Institutionen vor Ort und suchen Verbindendes in separaten Erzählungen von Sehnsüchten und Perspektiven in verschiedenen Generationen. Ausdrucksformen zu finden in Perfomances, künstlerischen Aktionen und Theaterstücken in Stadtteil-Institutionen, im Stadtraum und im Schauspiel Frankfurt, sichtbar und hörbar zu sein und darum wird es gehen.

Gesamtkonzept Martina Droste

Das Gesamtprojekt wird im Rahmen der Bildungsagenda NS-Unrecht von der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ) und dem Bundesministerium der Finanzen (BMF) gefördert.
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Ein Sommernachtstraum
von William Shakespeare
aus dem Englischen von Frank Günther
Regie: Christina Tscharyiski
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Premiere: 07. Februar 2025


Drei Tage noch bis zur Hochzeit des Herrschers Theseus mit der Amazonenkönigin Hippolyta. Und noch eine weitere Hochzeit steht an: Hermia, die Lysander liebt, soll Demetrius heiraten, zumindest ist dies der Wille ihres Vaters. Widersetzt sie sich, so droht ihr das Gesetz mit Tod oder lebenslanger Einsamkeit. Die liebenden Fliehen vor diesem Drohszenario aus Athen in den Wald. Verfolgt werden sie von Demetrius und Helena, die zwar ihn liebt, aber er nicht sie. Der magische Wald ist das Königreich der Elfen – regiert durch das Königspaar Titania und Oberon. Die Nacht des Waldes setzt die Gesetze außer Athens Kraft und offenbart verborgene Träume. Der umtriebige Kobold Puck bringt die Dinge in Bewegung: Zaubertränke fließen, Identitäten verflüssigen sich, Partner:innen und plötzlich eröffnet sich ein neuer Möglichkeitsraum. Den sucht auch eine Gruppe von Handwerkern, die fest entschlossen ist, das nahezu aussichtslose Unterfangen anzugehen und eine Theateraufführung auf die Beine zu stellen, wie sie die Welt noch nicht gesehen hat.

Die Regisseurin Christina Tscharyiski inszeniert Shakespeares Komödie über die Irrungen und Wirrungen der Liebe im Reich der Elfen und der Menschen, indem sie den urkomischen sowie urmenschlichen Fragen dieses zeitlosen Stoffs nachgeht und das (alb-)traumhafte Potenzial des Theaters heraufbeschwört. Nach ihren Inszenierungen »Mascha K. (Tourist Status)« und »Der Raub der Sabinerinnen« setzt sie damit ihre Arbeit am Schauspiel Frankfurt fort.

Regie Christina Tscharyiski  Bühne Stéphane Laimé Kostüme Leonie Falke Dramaturgie Lukas Schmelmer
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Dingens
von Hanoch Levin
aus dem Hebräischen von Matthias Naumann
Regie: Sapir Heller
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Deutschsprachige Erstaufführung
Premiere: 14. Februar 2025


Fogra wird heiraten und niemand hat sich die Mühe gemacht, Dingens einzuweihen. Dingens ist der entfernte Verwandte und Untermieter von Fogras Eltern, Klamanope und Teigalech, und seine Kränkung ist der Auftakt zu diversen brutalen Machtspielen in der Familie und ihrer Umgebung. Hanoch Levin, Israels bekanntester und kontroversester Dramatiker, portraitiert in diesem Stück eine Gesellschaft, in der das Glück des Einen nur auf Kosten des Anderen zu haben ist, in der die Menschen ihr Selbstwertgefühl aus der Misere der anderen ziehen. Der bedauernswerte Dingens steht in dieser Versuchsanordnung, die bar jeder Solidaritätsregung ist, am Ende der Nahrungskette und begehrt wütend gegen die Missachtung seiner Mitmenschen auf. Die anderen Figuren sind sich einig in ihrer Ablehnung von Dingens, drohen sich aber gegenseitig auch permanent Liebesentzug und Grausamkeiten an – die Eheleute wenden sich gegeneinander, Fogra hält alle, einschließlich ihrer Eltern, zum Narren, eine zarte Liebeshoffnung wird im Keim erstickt.

In einer Inszenierung der israelischen Regisseurin Sapir Heller wird diese groteske, bitterböse Komödie des 1999 verstorbenen Levin zum ersten Mal auf einer deutschsprachigen Bühne präsentiert. Hellers verdichtete und zugespitzte Spielfassung des Textes wird begleitet von Kompositionen des bekannten Jazzmusikers Omer Klein.

Regie Sapir Heller Bühne & Kostüme Ursula Gaisböck, Sophia Profanter Musik Omer Klein Dramaturgie Eivind Haugland
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MÄR
Don Quijote
nach Miguel de Cervantes
von Peter Jordan
Regie: Peter Jordan & Leonhard Koppelmann
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Uraufführung
Premiere: 14. März 2025


Die Sonne brennt, das Pferd hat Hunger, Sancho ist müde – und Don Quijote dreht am Rad. Er fuchtelt gegen Windmühlen, legt sich mit vermeintlichen Barbaren an und will doch nur das einzig Gute und Beste, für sich, seine Geliebte – und obendrein die ganze Welt, wenn er leicht größenwahnsinnig herausposaunt: »Ich werde endlich aus dem Schatten der Weltgeschichte treten und in sie eingehen als wahrer Märtyrer.«
Ist er verrückt, wagemutig oder einfach nur komisch? Welche Sehnsucht treibt ihn an, diesen Don Quijote, von dem alle ein Bild zu haben scheinen, aber niemand wirklich eine Ahnung, was er für einer ist. Warum hat er die Windmühlen angegriffen? Und was soll das eigentlich heißen: einfach komisch?

»Ich verliere wirklich den Verstand! Alles was ich vorgab zu sein, werde ich wirklich!«, sagt er in Peter Jordans Bearbeitung. Eine Steilvorlage für das Spiel, das Theater – und den Witz. Diesen treibt die sehr freie Überschreibung auf die Spitze. Sie setzt auf schauspielerischen Turbogang, Timing, Slapstick und eine gute Portion von sehnsüchtigem Wahn. Eine Mischung, die darauf aus ist zu zeigen, wie lustvoll Theater sein kann, wenn man die Sache mit dem Humor ernst nimmt.

Regie Peter Jordan, Leonhard Koppelmann Bühne Steffi Bruhn Kostüme Barbara Aigner Video Meike Fehre Dramaturgie Katrin Spira
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B-Heimat. Orte unserer Sehnsucht
Junges Schauspiel Frankfurt
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Uraufführung
Premiere: 08. März 2025

Wie lassen sich die Fäden aus dem Abenteuer des Zuhörens und Sortierens im Hier und Jetzt verknüpfen? Aus den vielfältigen Zeitzeugnissen der Projekte »Zeit für Zeug:innen« und »Aus freien Stücken?« schöpft ein junges Ensemble: Subjektiv und voller eigener Sehnsüchte stürzen sie sich in das Abenteuer des Zuhörens, Verstehenwollens, Sortierens, Verbindens. Was hat System in den Geschichten zu Arbeit und Heimat und was wollen sie heute selbst? Ein Theaterabend voller gemeinsamer Erinnerungen an die Zukunft.

Konzept & Regie Martina Droste Bühne & Kostüme Michaela Kratzer


Im Rahmen des Gesamtprojekts  »Gallus-Geschichten«

Arbeit und Heimat stehen in der jüngeren Geschichte Deutschlands in einem engen und schwierigen Verhältnis zueinander. Im Nationalsozialismus stellten die rassistische Unterschichtung von Zwangsarbeiter:innen und die Ideologie der »deutschen Arbeit« ein oft tödliches System der Ausbeutung dar.
Wie wirken Teile dieser ideologischen Muster bis heute fort? Wie blicken Nachkommen ehemaliger NS-Zwangsarbeiter:innen auf Möglichkeiten der »Beheimatung« in Deutschland, wie ehemalige »Gastarbeiter:innen«, wie ihre Kinder- und Enkelgeneration und wie Menschen auf der Suche nach Schutz und Arbeit? Wie setzen sich Ausschlüsse und Abwertungen fort? Was kann, was muss (neu oder wieder) erzählt werden? Wie können wir fragen, wie Worte und Bilder finden, wie lebensgeschichtliche Brüche, aber auch Erfolgsgeschichten sicht- und hörbar machen? Frankfurt ist stolz auf seine »gelebte Diversität« - Wunschbild oder Wirklichkeit?

»Gallus-Geschichten« geht in drei miteinander verwobenen Projekten diesen Fragen nach – und zwar spezifisch im Frankfurter Stadtteil Gallus mit seinen Initiativen zur Aufarbeitung von NS-Verbrechen und Zwangsarbeit, seiner Geschichte von Arbeitskämpfen, Marginalisierung und migrantischer Selbstorganisation. Wir vernetzen uns mit Zeitzeug:innen und Institutionen vor Ort und suchen Verbindendes in separaten Erzählungen von Sehnsüchten und Perspektiven in verschiedenen Generationen. Ausdrucksformen zu finden in Perfomances, künstlerischen Aktionen und Theaterstücken in Stadtteil-Institutionen, im Stadtraum und im Schauspiel Frankfurt, sichtbar und hörbar zu sein und darum wird es gehen.

Gesamtkonzept Martina Droste

Das Gesamtprojekt wird im Rahmen der Bildungsagenda NS-Unrecht von der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ) und dem Bundesministerium der Finanzen (BMF) gefördert.
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APR
Die Zofen
von Jean Genet
Regie: Rieke Süßkow
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Premiere: 25. April 2025


Die Schwestern Claire und Solange spielen ein Spiel von Herrschaft und Knechtschaft, in dem die Grenzen von Vorstellung und Wirklichkeit verschwimmen. Sie sind die Zofen einer gnädigen Frau, der sie in sadomasochistischer Verehrung hasserfüllt ergeben sind. In Abwesenheit ihrer Herrin proben sie den Aufstand in verteilten Rollen, in sich scheinbar endlos wiederholenden, genau einstudierten Ritualen. In der Stickigkeit des vornehmen Boudoirs sind alle Objekte aus dem Besitz der gnädigen Frau heilig und dem niederen Dasein der Schwestern überlegen, die sich gegenseitig immer weiter erniedrigen. Mordlust und Todesangst würzen das Spiel. Als die gnädige Frau dann tatsächlich auftritt (ihren Gatten haben die Schwestern durch eine List der Justiz ausgeliefert), kann sie ihre Rolle kaum mehr besser spielen, als es im Spiel der Zofen schon dargeboten wurde. In der Überlagerung der Identitäten tritt die gegenseitige Abhängigkeit der drei Frauen umso deutlicher zutage – ihre Schicksale bedingen einander, und schließlich zerbricht das fragile Machtgefüge durch einen realen Tod innerhalb der Fiktion des Spiels im Spiel.

Dieses meistgespielte Stück von Jean Genet, der sich stets im Gegensatz zu den herrschenden Mächten verortete, provozierte bei seiner Uraufführung 1947 heftigen Widerstand. Die junge Regisseurin Rieke Süßkow, deren formstarke Arbeiten bereits zweimal zum Theatertreffen eingeladen waren, inszeniert das Stück des radikalen poète maudit in den Kammerspielen.

Regie Rieke Süßkow Bühne Mirjam Stängl Kostüme Sabrina Bosshard Musik Philipp C. Mayer Dramaturgie Katja Herlemann
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Solaris
nach Stanisław Lem
aus dem Polnischen von Irmtraud Zimmermann-Göllheim
Regie: Christian Friedel
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Premiere: 26. April 2025


Um eine rote und eine blaue Sonne kreist der Doppelsternplanet Solaris. Seit seiner Entdeckung zieht der rätselhafte intelligente Ozean des Planeten immer neue Generationen von Wissenschaftler:innen an. Bei den unzähligen Versuchen, das Geheimnis des Ozeans zu ergründen, kam es bereits zu zahlreichen merkwürdigen Zwischenfällen, von denen viele tödlich endeten. Seit einiger Zeit stagniert die Forschung und auf der Solaris-Raumstation ist von der Euphorie der Anfangsjahre längst nichts mehr zu spüren. Als der Psychologe Kris Kelvin dort eintrifft, erfährt er, dass Gibarian, sein langjähriger Vertrauter und Leiter der Besatzung, am Vortag Selbstmord begonnen hat. Die zwei verbliebenen Wissenschaftler, der Kybernetiker Snaut und der Biochemiker Sartorius, wirken verstört und werden von seltsamen »Gästen« heimgesucht: ominösen Doppelgängern von Personen aus ihrem früheren Leben. Plötzlich sieht sich Kelvin seiner längst verstorbenen Frau Harey gegenüber. Nach und nach greift er, dass der intelligente Ozean mit all dem in Verbindung steht. Ist das die lang ersehnte Kontaktaufnahme, eine Abwehrreaktion oder nur eine zufällige Spielerei?

Stanisław Lem entwickelt in diesem Meisterwerk der Science-Fiction-Literatur ein fesselndes Szenario, das die menschliche Identitätssuche und Schuldbewältigung, das Streben nach Wissen und die Begegnung mit dem Unbekannten befragt. Der Schauspieler, Musiker und Regisseur Christian Friedel bringt in seiner ersten Regiearbeit am Schauspiel Frankfurt den Stoff in eine eigene Bearbeitung auf die Bühne. Seine Inszenierung setzt auf das enge Zusammenspiel zwischen Musik und Spiel, Video und Licht, Bewegung und Raum.

Regie
Christian Friedel Bühne Fabian Wendling Kostüme Ellen Hofmann Video  Clemens Walther Choreographie Valenti Rocamora Torà Musik Woods of Birnam Dramaturgie Lukas Schmelmer
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MAI
Die Frau am Meer - Oder: Finden sich Rudimente einer Ur-Fischart im menschlichen Gemüt?
nach Henrik Ibsen
Regie: Barbara Bürk
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Premiere: 16. Mai 2025


Henrik Ibsen hat seine Frauenfiguren sorgfältig mit bürgerlichen Biographien ausgestattet. Die tiefere Herkunft einer Nora, einer Hedda oder einer Ella liegt aber, so könnte man vermuten, jenseits alles Bürgerlichen in einer Art Urkraft oder Naturgewalt, einem elementaren, atavistischen Begehren. So ist auch Ellida, die »Frau vom Meer«, eine Art Mischwesen: halb zweite Ehefrau des früh verwitweten Kleinstadtarztes Dr. Wangel, halb Meereswesen, das sich nach der willenlosen Weite des Ozeans zurücksehnt. Eine Nixe, zerrissen zwischen Freiheit und Bindung. Wie aber, wenn dieser Konflikt in jedem Menschen schlummerte? Sind wir nicht alle ein wenig Fisch? »Eine Fischart bildet ein Urglied in der Entwicklungsreihe des Menschen«, notierte schon Ibsen.

Barbara Bürk, bekannt für den skurrilen Humor ihrer singenden, tanzenden und mitunter bitterböse ins Groteske schwingenden Arbeiten, begibt sich dieses Mal mit tatkräftiger Unterstützung des »nordischen Magus« Ibsen auf die Suche nach der Fischnatur im Menschen.

Regie Barbara Bürk Bühne & Kostüme Anke Grot Musik Markus Reschtnefki  Dramaturgie Alexander Leiffheidt
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Der Sandmann
nach E.T.A. Hoffmann
Regie: Lilja Rupprecht
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Premiere: 23. Mai 2025


Sehnsucht, Liebe, Angst und Wahn geben sich in „Der Sandmann“ die Hand. Der junge Student Nathanael schreibt an seinen Freund: »Etwas Entsetzliches ist in meinem Leben getreten!« Die Begegnung mit dem Wetterglashändler Coppola lässt bei ihm düstere Erinnerungen an seine Kindheit wach werden. Als kleiner Junge war er der Überzeugung, dass der »fürchterliche Sandmann« seinen Vater umgebracht habe. Hinter dieser Schreckgestalt, die angeblich den Kindern, die nicht schlafen wollten, Sand in die Augen streute, »dass sie blutig zum Kopf herausspringt«, steckte seine Meinung nach dem Advokat Coppelius.
Mit der Gestalt Coppolas schleichen sich die traumatischen Erlebnisse aus Nathanaels Kindheit sich in seine Gegenwart hinein. Wahn und Fiktion überlagern sich und Nathanael verliert zunehmend den Halt. Umso mehr, als darüber hinaus noch eine »falsche« Liebe in seinem Leben tritt…

Lilja Rupprecht, die in Frankfurt bereits zum fünften Mal inszeniert und sich zuletzt für Jelineks »Sonne/Luft« und Fassbinders »Die Ehe der Maria Braun« verantwortlich zeichnete, bringt diesen Stoff der »schwarzen Romantik« auf die große Bühne.

Regie  Lilja Rupprecht Bühne  Christina Schmitt Kostüme Annelies Vanlaere  Video  Moritz Grewenig Dramaturgie Katrin Spira
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JUN
Forsythe/Hauert
Gastspiel der Dresden Frankfurt Dance Company
Details

Premiere: 05. Juni 2025


Mit diesem Doppelabend schließt sich ein Kreis. William Forsythe gilt zurecht als einer der wichtigsten Choreografen des ausgehenden 20. Jahrhunderts. Sein innovativer Umgang mit der Tradition des Balletts hat dem Tanz Richtungen eröffnet, die zuvor schwer vorstellbar schienen. Von 1984 bis 2004 leitete Forsythe das Ballett Frankfurt und von 2005 bis 2015 The Forsythe Company, die später in Dresden Frankfurt Dance Company umbenannt wurde.
Ioannis Mandafounis, der gegenwärtige künstlerische Leiter der Company, war Tänzer bei Forsythe, entsprechend knüpft Live-Choreografie, die Improvisationsmethodik mit der die Company heute arbeitet, an viele Prinzipien an, die Forsythe entwickelt hat.
Für Thomas Hauert ist Improvisation ein Mittel, um Bewegungen hervorzubringen und zu komponieren. Seit Ende der 90er Jahre erforscht er mit der Company ZOO das Spannungsverhältnis zwischen tänzerischer Freiheit und Eingrenzung. Wenn Tänzer:innen in einer Gruppe gemeinsam improvisieren, müssen sie einen neuen Umgang mit Kontrolle finden. Aufgaben, Regeln und Beschränkungen können die Konditionierung des Körpers so stören, dass Improvisation zu etwas Unerwartetem führt. Was wird aus der Verbindung der heutigen Bewegungspraxis des Ensembles mit diesen beiden künstlerischen Handschriften entstehen?

Choreografien William Forsythe, Thomas Hauert Tanz Todd Baker, Thomas Bradley, Emanuele Co’, Audrey Dionis, Louella May Hogan, Nastia Ivanova, Marina Kladi, Noémie Larcheveque, Ugnė Irena Laurinavičiūtė, Yan Leiva, Emanuele Piras, Solène Schnüriger, Ichiro Sugae, Ido Toledano, Ashley Alexandra Wright, Samuel Young-Wright
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JUL
Über die Spielzeit
Wilke Weermanns neues Stück »Alle Zeit der Welt« wird am 20. September 2024 in den Kammerspielen uraufgeführt.
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Für Eve.

Das verkehrte Märchen / Das verkehrte Mädchen

Die zweite sollte später mit Frankenstein das Sci Fi Genre erfinden, eine Geburt ohne Uterus, wie ihre eigene. Die erste Mary brachte die Frauenbewegung voran. Die eine Wallstonecraft die andere Shelley. Beide hießen Mary. Die Taube irrte sich nie. Immer flog eine Taube vom Land in die Stadt. Der Sohn schrieb fleißig Briefe an seine Schwester und seine Mutter. Der kleine Sohn entschied sich bei seinem Vater zu bleiben, damit er die beiden Frauen ziehen ließ. Die Mutter ging mit ihr. Die Tochter hatte den Vater töten wollen aber als sie sah wie jämmerlich er war beschloss sie ihn lediglich zu verlassen. Der Mann erstarrte vor Schreck als er seine lebendige 15 Jährige Tochter sah. Die Mutter hatte Abendessen angerichtet und die Tochter, jetzt wo sie vollständig aus der Erde herausgewachsen war an den Tisch geladen. Die Mutter freute sich so sehr über das vollständige Mädchen. Am nächsten Tag war eine Schulter zu sehen gewesen, bis das Mädchen zur Hüfte aus der Erde ragte. Die Hand begann zu winken und mit den Gelenken zu knacken. Der Arm wuchs über Nacht ganz aus der Erde. Dort war etwas aus dem Boden heraus gewachsen, waren das Finger, wurde das gerade eine Hand? Ihr Sohn wuchs heran und spielte immerzu am Grab seiner Schwester. Als die Frau endlich einen Sohn gebar waren alle erleichtert. Also erstickte man den weiblichen Säugling und die Frau begrub ihn im Garten. Der Mann wollte sie nicht anerkennen und die Frau hatte keine Mittel, es war das 18. Jahrhundert, es war unmöglich das kleine Mädchen allein großzuziehen. Sie brachte trotz aller Gebete nur eine Tochter zur Welt.

Es war einmal eine schwangere Frau im 18. Jahrhundert, die gebar ihrem Mann keinen Sohn.


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Brief

Habe heute auf der Straße eine junge Mutter getroffen, die ihr Baby auf dem Arm hielt. Sie kannte mich bereits aus den Nachrichten.
Wir sprachen eine Weile, ich fragte sie nach dem Namen ihrer Tochter und sie sagte: »Eve«.
Dann fügte sie hinzu: »Sie kam so spät. Wir haben uns schon gefragt, ob sie gar nicht geboren werden mag.«


Kurzbrief via Taube

glaubst du, jemand kann was anfangen mit meinen spenderorganen


Kurzbrief via Taube

sind wir das schicksal unserer eltern? Oder andersherum
was meinst du


Kurzbrief via Taube

egal, vergiss es
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Kurzbrief via Taube

Heute habe ich das Märchen gefunden. Es lag unter meinem Bett. Es war auf einen Zettel notiert und vollkommen verkehrtherum erzählt. Man kam sich beim Lesen vor, als hätte man gerade einen Schlaganfall. Als ich es Satz für Satz korrigiert hatte, kam es mir fast so vor, als hätte ich es neu geschrieben. Als Hommage an dein Tattoo hab ich Eve drübergeschrieben.
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Kurzbrief via Taube

otto ist entstorben, der arzt hatte recht
sein herz hat aufgegeben
bin irgendwie traurig
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Kurzbrief via Taube

Als ich heute morgen meinen Briefkasten schloss, hielt ich eine Zusage für ein Stipendium in der Hand. Das Stipendium war ausgerichtet an eine Eve, für einen Roman mit dem Titel »Das verkehrte Märchen«. Da musste ich an deinen Oberarm denken. Hoffe dem gehts gut?
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Beitrag im Frühstücksfernsehen
Anhören
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Kurzbrief via Taube

Bei so viel Info krieg ich wieder nur Gefühle. Ich fühl mich generell so viel in letzter Zeit. Ich wünschte ich wär damit so gut wie du, mit deinem saugenden Herzen.
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Brief

Hey. Ich hab jetzt einen Hamster. Der heißt Otto.

Nicht, weil ich mir das aus Bequemlichkeit so überlegt habe, sondern - also natürlich hab ich mir das GAR nicht überlegt, natürlich hatte ich einfach keine Wahl. Im Garten bei uns war auf einmal ein Loch mit einem Schuhkarton drin. HIER LIEGT OTTO, stand da drauf ... Und erst war der Karton leer, dann nicht mehr, du kannst es dir ja denken ...

Jedenfalls habe ich jetzt diesen Hamster, Otto, und ich mag ihn sehr.

(Ich dachte auch kurz an Eve, ich weiß gar nicht, was für ein Geschlecht er hat. Aber wer will schon ein Tattoo von seinem Hamster?)

Ein Zwerghamster ist er, sagt der Arzt. Lebenserwartung anderthalb Jahre. »Der ist schon über ein Jahr alt«, meinte er, »der wird's nicht mehr lang machen.«

Er hat ja keine Ahnung.

Otto macht all die typischen Hamstersachen, auch die mit dem Rad. Manchmal fällt er raus und ich warte darauf, dass mir besondere Gedanken zur Gesellschaft kommen, aber mir fällt nur das Offensichtliche ein: Alltag und Arbeit.

Seit Otto in meinem Leben ist, denke ich über Palindrome nach. Palíndromos klingt ja schon wie eine Krankheit. Es heißt: »rückwärts laufend«.


Manche behaupten, ein Leben beginnt und endet mit Windeln (oder sowas Ähnliches, ich kann den Spruch nicht mehr finden). Bin mir nicht sicher, ob ich das tröstlich finden soll oder nicht. Dass unsere Leben so sind wie die der anderen. Wie ein Palindrom.


WAS IT A CAR OR A CAT I SAW


So fühlt sich der Satz vorwärts an. Und so rückwärts:

WAS I TAC A RO RAC A TI SAW


Das zumindest ist ein gewisser Trost für mich. Die Worttrennung ist Nonsens und fühlt sich in dieser Richtung falsch an, aber der Sinn bleibt darüber hinaus enthalten. Der Sinn lebt jenseits der Leserichtung.


Übrigens auch ein Palindrom: RENTNER. Fällt mir nur gerade ein wegen deines Rollators


Kurzbrief via Taube

eben mit einem stechenden gefühl in der brust aufgewacht.
vielleicht ist was mit meinem herzen
vielleicht ist da ne eve drin zb


Kurzbrief via Taube


dummer gedanke, natürlich ist was mit meinem herzen. es pumpt einfach nicht


Kurzbrief via Taube

es saugt

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Brief

Verkehrter dear,


ich habe das Gefühl, meine ganze Existenz ist ein Bootstrap-Paradoxon. Nur weil ich in der Zukunft geboren werde, existiere ich jetzt. Beziehungsweise, nein, man kann das Bootstrap Paradoxon ja eigentlich auf die Idee herunterbrechen, dass etwas seine eigene Existenz verursacht. Dann müsste ich mich ja selbst gebären, das geht also nicht. Ja, hier stellt sich die Frage: Wer wird denn eigentlich für unsere Ungeburt verantwortlich sein? Wer sind unsere Eltern und sind sie vorwärts oder rückwärts?


Mir raucht der Kopf. Also, wirklich. Ich rauche seit neustem. Auf der Packung steht übrigens wer raucht, stirbt zweimal öfter an Herzerkrankungen. Gut, dass wir nicht mehr sterben. Die Zigarette und ihre Packung habe ich vor nicht allzu langer Zeit in meinem Mülleimer entdeckt. Und das ist nicht alles. Einige Dinge ändern sich. Gestern wollte ich mich in meinen Rollator setzen und los düsen zum Brötchen holen und auf einmal wusste ich nicht mehr, welchen Knopf ich drücken muss. Außerdem fühlten sich meine Beine an wie Baumstämme, als wären da jetzt Muskeln drin, die vorher nicht drin waren. Zwei meiner Hosen passen nicht mehr.


Ich entwickle mich jetzt also quasi aus der Rente in meine voll berufstätige Zeit hinein und muss sagen, es macht mir schlechte Laune. Ich kriege jetzt ständig Post von einer Künstlersozialkasse. Ich gehe also davon aus, dass ich eine Art Künstlerin bin. Aber kreativ war ich bisher noch nicht. Vielleicht sollte ich was Malen. Ich wüsste gern wo ich meine Werke aufbewahre. Bisher finde ich nur verschlossene Schubladen vor. Als hätte ich die Schlüssel weggeworfen. Also als hätte ich die Schlüssel zu den Schubladen weggeworfen. Die Schubladen sind aber eher klein. Eine große Künstlerin kann ich also nicht sein.


Das heißt für meine Zukunft nichts Gutes. Der Weg hierher wird lang gewesen sein und hart. Worauf ich mich freue, ist das maßlose Trinken. Darüber habe ich Gutes gehört. Das macht man in der Kulturszene so. Und da auf zellulärer Ebene alles widerstandsfähiger wird, habe ich keine gesundheitlichen Bedenken.


Wovor ich allerdings wirklich Angst habe, ist die Angst, die kommen wird, während ich immer ahnungsloser werde. Die Angst der Ahnungslosen ist die Schlimmste. Zukunftsangst. Existenzangst. Sowas.

Das mit der Nabelschnur klingt übrigens nach einer guten Geschichte. Also die Frage nach der passenden Person. Als könnte man sich seine Eltern aussuchen.

Interessant.

Best,

die Oberarmin
3
Brief

Ich habe darüber nachgedacht, in welcher Richtung ich durch die Zeit reise. Gestern war Mittwoch, heute ist Donnerstag. Und doch bin ich heute einen Tag jünger als gestern. Sie schätzen meinen Körper auf vierzig Jahre. Also sollte ich etwa 2060 ungeboren werden.

Über den Moment meines Endes (Anfangs?) weiß ich natürlich nichts. Das Bewusstsein eines Ungeborenen wird nach und nach aus mir fließen wie das eines Kindes.

Aus vielen handfesten Erinnerungen werden Stück für Stück nur noch Fragmente. Sie zerbröseln bis hin zum großen weißen Rauschen des Kleinkindalters.

Ich verlerne die Kurvendiskussion,
verlerne Flächenberechnung,
verlerne Geraden,
Punkte;
ich verlerne Division, Multiplikation,
verlerne Subtraktion
und zuletzt Addition
in schrumpfenden Zahlenräumen.
Bis zu einer Million, eintausend,
einhundert,
zwanzig.

Ich verlerne das Schreiben und Lesen und Denken und Lieben und eines Tages dann verliert ein Körper, der kein Ich mehr hat (oder noch nicht);
ein Körper, der gesteuert wird von einem blanken Stammhirn;
ein Körper, der reiner Reflex ist,
der verlernt das Atmen.

Ich frage mich, ob mir dann noch eine Nabelschnur wachsen wird oder nicht. Und mit wem sollte sie mich verbinden?

Ich erinnere mich an eine Mutter (nicht aus Erde). Aber ich weiß ihren Namen nicht. Habe schon überlegt, ob sie vielleicht Eve sein könnte.

Ich nehme an, sie ist noch nicht geboren. Oder bewegt sie sich in unserer Richtung durch die Zeit? Ist der Sohn einer Verkehrten immer auch selbst verkehrt?


Womöglich ist das Märchen, an das du dich erinnerst, ein Märchen, das du selbst geschrieben haben wirst. Vielleicht solltest du dein Schreiben daran beenden, dann mehrere Krisen haben, mehrere Entwürfe machen und verwerfen, dich immer weiter an den Beginn des Textes heranschreiben, bis du eines Tages beim ersten Satz landest und von dem ersten Satz bringt dich womöglich etwas auf die Idee, dieses Märchen zu schreiben und der Welt zu – hinterlassen (sofern etwas zu hinter-lassen die chronologisch angemessene Formulierung ist).

Das ist ein Bootstrap-Paradoxon, so viel habe ich gelernt.


Schade übrigens, dass du nicht Eve heißt, es wäre so eine gute Erklärung gewesen. Du musst wissen: An meinem Oberarm habe ich ein Tattoo entdeckt. Du kennst das Motiv. Es ist ein Herz mit einem Schriftzug, ein MOM-Herz. Bloß steht darin: EVE.

Mir gefällt es nicht besonders. Aber natürlich frage ich mich jetzt, wer Eve ist. Oder sein wird. Ich erinnere mich noch nicht an sie.

Und warum diese Eve ein Herz mit Flämmchen unter meiner Haut verdient hat (jedenfalls glaube ich, es sollen Flämmchen sein. Das Tattoo sieht schlecht gealtert aus). Mit der Zeit wird es in meiner sich verjüngenden Haut immer schärfere Konturen annehmen, bis es irgendwann von einem Tag auf den nächsten verschwindet.


Alles Liebe,
der Verkehrte
2
Brief

Lieber Entstorbener,

ich suche und suche im Grunde alles. Zunächst habe ich dich gesucht, und jetzt suche ich das Märchen, das ich dir unbedingt erzählen will. Ich erinnere mich, und ich erinnere mich nicht.

Das Märchen, das ich suche, handelt von einem Kind, das immer neu aus der Erde wächst. Es scheint also öfter beerdigt zu werden. Wo auch immer ich suche, nur falsche Fährten. Eins ist klar: Es ist ein Märchen über eine angeblich grausame Frau, die ihr Kind nicht will. Ich erinnere diesen Kinderarm, der sich aus dem Boden streckt, wie mein toter Arm sich aus dem Boden gestreckt hat, deinem entgegen.

Aus gegebenem Anlass, nämlich dem, nicht geboren, sondern geborgen zu sein - nein, anders; aus geborenem Anlass, nämlich aus einem Erdloch heraus in dieses Leben gekommen zu sein, also in ein Leben gekommen zu sein, in dem meine Erscheinung sich langsam eher der Vergangenheit als der Zukunft anzunähern scheint, möchte ich kurz ein paar Begriffe klären. Also, ich möchte feststellen, dass es mir in einer Situation wie unserer vollkommen unmöglich scheint, dass wir Dinge erinnern. Also, ich weiß, ich behaupte mich an das Märchen zu erinnern. Aber das kann ja nicht sein. Denn: Wir fangen unsere Erfahrung ja gerade erst an. Also, was wir bisher erfahren haben, ist diese acht Schichten Erde zwischen unseren Teilchen, also unsere Kompostierung und dann unsere Dekompostierung. Ich würde gerne sagen »Ich bin auferstanden«. Aber das würde implizieren, dass ich eine Art Jesus-Potenzial mitbringe. Kann ich leider nicht von mir behaupten. Kann nichts Außergewöhnliches an mir feststellen, außer dass ich mich, wie du, anders herum in der Zeit bewege.

Was ich bisher sagen kann, ist, dass ich die starke Sehnsucht habe, dir dieses Märchen zu erzählen. Es kommt mir so vor, als könne uns das Märchen stärker miteinander verbinden. Ich glaube, im Grunde geht es mir um die Widerständigkeit dieser Person, deren Arm nicht aufhört, aus dem Boden herauszugreifen. Nach etwas. Nach mehr. Eine Person, die mit ihrem toten Arm aus der Erde herausgreift und an sich selbst erinnert. Eine Person, die es nicht lassen kann mit dem Leben. Eine, die zurück muss.

Es ist so seltsam, dass sich das Märchen wie eine Erinnerung anfühlt. So eine, die man nicht ganz zu fassen bekommt oder eine, die man nicht ganz zu greifen wagt. Wie ein Geruch oder ein Lied. Aus gegebenem Anlass lohnt sich aber für uns beide zu fragen: Was ist das Märchen, wenn es keine Erinnerung ist? Die Vergangenheit ist unsere Zukunft, oder? Also ich denke: Während die anderen erinnern, ahnen wir. Also ist das Märchen mit dem Arm keine Erinnerung, sondern eine Vorahnung. Weil also die, also die Vorahnen, die sind ja immer schon tot. Ich nenne mich also die Vorahnin. Ich ahne vor. Ich arme vor. Ich bin die Vorarmin.

Die Oberarmin of it all.

Da braucht es dann eben ein paar Begriffe für, also auch zwischen uns. Wir sind die wahrscheinlich kleinste Gesellschaft der Welt, bestehend aus zwei Menschen. Beziehungsweise, sind wir das eigentlich? Also: Menschen?

Ich benutze für die Beschreibung meines in die Welt Kommens den Begriff geborgen worden sein, weil es meine grundlegende Passivität in der Sache betont. Denn ich würde jetzt nicht von mir behaupten, mich bewusst und ohne Hilfe von Würmern zusammengesetzt zu haben.

Weil, dazu müsste man die Erde ja aus dem Blick lassen, die biochemisch zumindest mitgewirkt hat. Klingt schon bisschen öko, wenn wir behaupten, unsere Mutter ist die Erde. Aber ist trotzdem wahrer als dass wir keine Mutter haben, oder?

Was ist mit unserem Erfahrungsschatz, können wir auf den zugreifen? Denn, also mich treibt die Frage um, woher denn meine ganzen Gedanken kommen, wo ich doch quasi erst seit einer Woche existiere. Also, wir besitzen scheinbar erwachsene Gehirne. Nur meins ist wie ein Sieb. Nichts bleibt bisher richtig drin. Deswegen hilft es auf jeden Fall zu schreiben.

Aber diese Siebhaftigkeit ist vielleicht normal. Wir haben uns ja gerade erst neu zusammengesetzt. Und jetzt leben wir unser Leben, aber in die andere Richtung als die anderen. Also auf unsere Geburt zu. Das heißt die Vergangenheit der Anderen ist unsere Zukunft. Das bedeutet: Wir können im Gegensatz zu allen anderen herausfinden, was in unserer Zukunft mit der Welt passiert. Also ist unser Leben eigentlich das Experiment; wie lebt man, wenn man die Zukunft kennt? Und was wenn diese Zukunft die Vergangenheit aller anderen ist?

Krass gruselig. Bin so froh, dass ich dich gefunden hab.

Mit wem hast du schon gesprochen? Hast du Erinnerungen? Vorahnungen? Hast du auch eine Sozialarbeiterin, die versucht, dich zu behandeln wie einen normalen Menschen? Fühlst du dich davon angegriffen?


PS: Wenn ich es mir aussuchen könnte, dann hieße ich Otto.

PSS: Schade, dass du so weit weg wohnst und ich kein Geld habe.

Alles Gute,

Die Vorahnin
1
Artikel

Als Friedhofswart Bernd G. an diesem regnerischen Vormittag seinen Arbeitsplatz erreichte, staunte er nicht schlecht:


Dort, wo er beabsichtigte seine Schaufel anzusetzen, war bereits ein Loch im Boden. Und nicht nur das.

In diesem Loch entdeckte er, säuberlich zusammengelegt wie ein Puzzle (so beschrieb er es später auch der Presse), ein Skelett. Gebeine, Gearme, allgemein ein großes Gekörpere in diesem Loch, das ja an sich schon gar nicht hätte da sein dürfen, stellte Bernd G. fest.


Doch das war nur der Beginn einer höchst bemerkenswerten Entwicklung.


Schon als die Behörden eintrafen und nun mit Bernd G. einen Blick auf die Angelegenheit warfen, fielen ihm feine Verbindungen zwischen den Knochen auf. Sicher, so erklärte er es sich damals, mussten sie von vornherein vorhanden gewesen sein. Er musste Muskeln und Sehnen übersehen haben.


Gegen Nachmittag war der Regen zu einem beschränkenden Faktor geworden. Die Lebenden zog es zum Tee an den Esstisch des Bernd G., dem Toten blieb eine behelfsmäßige Überdachung.


Es war ein angenehmes Kränzchen – mancher Mord war hier allen Beteiligten über die Tische gegangen und man sprach wie über gemeinsame Bekannte – als Bernd G. ein Foto zeigen wollte und bemerkte – dass sein Handy wohl noch immer draußen lag.


So schnell es die Höflichkeit erlaubte, huschte er. Der Regen prasselte derart hart auf die Plane über ihm, dass er kaum einen Gedanken fassen konnte. Er entdeckte sein Handy unten in dem seltsamen Loch neben dem Skelett –


Bernd G. stutzte.


Der ordentlich zusammengelegte Haufen Knochen, den er noch vor wenigen Stunden vorgefunden hatte, war – zusammengewachsen. Ganz klar zeichneten sich Bänder, Sehnen und Muskeln ab. Sogar Haut spannte sich da und dort.


Ein Schrei entfuhr ihm (so würde Bernd G. es später allen erzählen, in Wahrheit aber verfiel er in eine Art gläsernes Glotzen).


Wie auf ein Zeichen riss der Regen ab.


Die Damen und Herren der Behörde schlossen zu Bernd G. auf und umstellten mit ihm das Loch im Boden, in dem mittlerweile – das konnte niemand leugnen – eine einwandfreie, ja, eine frische Leiche lag.


Bernd G. fingerte sein Handy hervor und zoomte an das Gesicht des Toten heran. Der Tote hatte die Augen geschlossen und sah (im Gegensatz zu den meisten Leichen, über die man das bloß aus Höflichkeit sagte) tatsächlich aus, als würde er schlafen.


Es war ein junger Mann, vielleicht gerade in seinen Vierzigern (darum also kein wirklich junger Mann, sondern: ein junger Toter). Mit einem schmatzenden Geräusch schoss Bernd G. ein Foto. Diesmal (er ließ das Handy gerade sinken) entfuhr ihm durchaus ein Schrei, denn der junge Tote hatte seine Augen geöffnet.




Brief

So hat mir der Mann, den ich aus Ermangelung einer eigenen Familie oft meinen Vater nenne, erzählt, wie ich geboren wurde. Aber kann man das überhaupt so sagen: geboren?
Ich wurde niemandem entbunden.

Ich war tot. Und dann war ich es nicht mehr. Ich bin sozusagen entstorben.
Und eines Tages - ich denke ungern daran, weil ich nicht weiß, was es bedeuten wird - erlebe ich das Gegenteil einer Entbindung. Eine Ver-Bindung, vielleicht.

Aber was sage ich: ich ich ich. Ich schreibe diesen Brief ja nicht an irgendwen, sondern an dich. Sie scheinen dich ja auf sehr ähnliche Weise gefunden zu haben.

Du heißt nicht zufällig Eve?

Mit vielen Grüßen,
Der Verkehrte






























von Svenja Viola Bungarten und Wilke Weermann
Die Verkehrten
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